Zurück in Ecuador
Ich habe eine fatale und falsche Entscheidung getroffen
Seit mehr als zwei Monaten bin ich wieder zurück von meiner Familie in Deutschland, in Ecuador, aber die derzeitige Situation belastet mich sehr.
Mein Wohnmobil ist mit einem Schiff am 10.11.2021 in Manta / Ecuador, angekommen. Angekommen aber ausgeraubt von den Socken bis zur Unterwäsche, Werkzeug, Lebensmittel, Geschenke, Lade-, Funkgeräte bis zum Lüfter … dann stört es auch nicht, dass selbst mein Anzug und meine Notreserve von 20 Tafeln Schokolade, gestohlen wurden. Die Versicherung haftet natürlich nicht, für Sachen innerhalb des Fahrzeugs.
Hinzu kommt, dass beim Zoll in Manta ein Streit ausgebrochen ist, ob ich mein Fahrzeug in Ecuador nutzen kann. Ein übergeordnetes Gremium des Zolls „Mesa de service“ musste dazu eine Grundsatzentscheidung treffen. Nach schon zwei Wochen wurde mir dann mitgeteilt, dass ich kein Tourist bin und ich mein Fahrzeug nach Deutschland zurück verschiffen soll. Ausschließlich Touristen und keine Volontäre, dürfen ein privates Fahrzeug nach Ecuador einführen.
Der Tragik noch nicht genug wurde mir vom Zoll mitgeteilt, wenn ich das Fahrzeug nicht innerhalb der nächsten 90 Tage zurückverschiffe, ist zusätzlich eine Strafe von 4.000 US-Dollar zu zahlen. Leider gibt es zurzeit bei keiner Reederei in Ecuador freie Kapazitäten, für eine Fracht nach Europa.
Ich habe einen Monat gekämpft auf allen Behörden, habe Botschaft, Presse, Fernsehen und selbst den Präsidenten angeschrieben, habe unzählige Gespräche geführt, aber bisher alles ohne Erfolg.
Am letzten Freitag hat sich dann mein Körper gemeldet, ich hatte unter anderem Herzschmerzen, Krämpfe und war vollkommen desillusioniert, ohne Energie, ohne Hoffnung, ohne Imstande zu sein, sich an irgendetwas noch zu erfreuen.
Ich musste für mich eine Entscheidung treffen, ich musste loslassen und es in Gottes Hände legen. Ich habe noch nicht vollkommen aufgegeben, aber ich kann nicht mehr. 🙁
Ich habe eine große finanzielle und zeitliche Fehlentscheidung getroffen, mein Fahrzeug als „Expeditionsmobil“ auszubauen und es zum jetzigen Zeitpunkt nach Ecuador zu verschiffen. Ich muss akzeptieren, dass mein Traum, mit meinem Wohnmobil durch Südamerika zu reisen, nach Deutschland zurückgeht geht.
Jetzt steht es gebührenpflichtig auf dem Parkplatz des Zolls im Hafengelände in Manta, immerhin es ist ca. 500 Meter auf Südamerika, vom Schiff zum Parkplatz, gerollt.
Momente der Besonderheit:
MUISNE
Es gab wenige Momente in den letzten Monaten, die mich erinnerten, warum ich neben meiner christlichen Aussendung, hier bin.
An einem Tag konnte ich MUISNE besuchen. Es ist ein Dorf direkt an der Küste. Über 60 % der Häuser sind vollkommen vom letzten Erdbeben zerstört. Früher soll es wohl ein Touristenmagnet gewesen sein. Heute ist von der Schönheit des Ortes nichts mehr zu sehen. Als mein Schuldirektor an der „Uni“ hörte, dass ich dieses Gebiet besucht habe, ist er fast umgefallen, weil wohl dort im großen Maßstab die Kriminalität Einzug gehalten hat. Ja, das was vom Dorf übrig ist, ist gruselig, aber dort beginnt auch ein Strand, der selbst in Ecuador auf dem Kontinent selten ist. Reine Natur, kilometerweit keine Menschen, selbst tote Riesenschildkröten werden vom Meer angespült, von den Geiern zerlegt, aber von keinem Menschen die zurückgeblieben Panzer eingesammelt. Diese liegen zu Dutzenden am Strand und niemand interessiert sich dafür. An diesem Ort konnte meine Seele wieder für einige Stunden frei sein, ich konnte alles fallen lassen.
Auf dem Pferd unter Condoren
Ein anderer Moment oder ein paar Stunden der fast vollkommenen Seligkeit konnte ich auf ca. 4.000 Meter im Naturpark, in der Nähe von Quito, erleben.
Eigentlich wollte ich mich nur noch verstecken und nichts mehr sehen und hören. Ich bin mit dem Bus von Quito einfach Richtung Reservat gefahren. Dort bin ich in das Gespräch mit einem Bauern gekommen, der mich zu einem Ausritt mit den Pferden eingeladen hat. WOW, durch den Naturpark in unberührte Natur, keine Siedlungen, keine Touristen, Sonne pur und auf dem Pferderücken begleitet von einer Familie der Andencondore und anderen Großvögeln, die fast zum Greifen nahe über uns schwebten. Der Andencondor ist bis zu 15 Kilogramm der schwerste Greifvogel der Welt und seine Flügelspannweite kann über 3 Meter betragen.
Danke, Danke mein Gott, für dieses außergewöhnliche Geschenk. Selbst beim Schreiben dieser Zeilen bekomme ich noch Gänsehaut und mir treibt es die Tränen in die Augen. Danke!
Weihnachten in Ecuador 2021
Es nähert sich mein zweites Weihnachten in Ecuador. Weihnachten ist wie überall auf der Welt auch hier kommerzialisiert. Weihnachtsmärkte gibt es hier natürlich auch, nur dass man hier keinen Glühwein trinkt, sondern die Straßenverkäufer jetzt grellen und blinkenden asiatischen Weihnachtsschmuck anbieten. Irgendwie ist es schwer, hier Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Ich habe die Weihnachtszeit mit dem Entzünden meines Räucherofens mit HUSS-Räucherkerzen und Chormusik direkt auf meinem Nachttisch eingeläutet. Es klingt komisch, aber hier erscheinen mir die aus Deutschland mitgebrachten Räucherkerzen noch einen ganz anderen Wert zu geben. Sie sind für mich wie eine Nabelschnur zu meiner Heimat dem Erzgebirge.
Meine Arbeit am Missions-Krankenhaus im Amazonas
Wir machen Fortschritte. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass ich gehört werde. Alle meine Voraussagen zur geschäftlichen Entwicklung des Hospitals und fortschreitenden Komplexität sind eingetreten. Ich weiß nicht ob dies der Grund ist oder die drängende Zeit. Am vergangenen Wochenende haben sich alle „Gesellschafter“ in Quito getroffen und meine Strategien und Analysen gab es als einzige Tischvorlage und Tagesordnung. Wir haben viel auf dem Meeting geschafft. Ich hoffe nur, dass uns die Zeit für die tiefgreifenden Veränderungen reicht, um das Unternehmen zukunftstauglich zu gestalten. Ein normales Unternehmen braucht dafür 2 bis 3 Jahre, um die neuen Strukturen und Strategien anzupassen. Wir haben nur 6 Monate eventuell ein Jahr Zeit. Es liegt allein in Gottes Hände.